Der kleine Kalli

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(62) Der kleine Kalli – macht es passend

Eigentlich war es nur ein schlecht bezahlter Ferienjob, dem der kleine Kalli dieses Erlebnis zu verdanken hatte. In einem Hotel im Nachbarort ist der kleine Kalli als „Mädchen für alles“ aktiv und bessert sein dürftiges Taschengeld auf, als sich eines Tages ein Gast darüber beschwerte, dass seine Handtücher aus dem Hotelzimmer verschwunden seien. Kalli wusste zunächst erst gar nicht, was der Gast meinte, denn immerhin werden die Handtücher jeden Tag von den Reinigungskräften zum Waschen mitgenommen und gegen frische Handtücher ausgetauscht. Es stellte sich heraus, dass der Gast eigene, weiße Handtücher mitgebracht hatte. Die Suche in der Wäscherei dürfte sich entsprechend schwierig gestalten, dachte der kleine Kali, doch nach ein paar Wochen tauchten die Handtücher tatsächlich wieder auf. Der Hoteldirektor gab dem kleinen Kali den besonderen Auftrag, die Handtücher per Post dem Gast zuzusenden. Kalli nahm sich also einen herumliegenden Karton, packte sorgfältig die beiden Handtücher ein und lud in der Post-App einen Versandaufkleber. Mit dem frankierten Päckchen macht er sich auf den Weg zur nächsten Postfiliale. Dort angekommen schüttelte die Frau am Schalter schon beim Betreten heftig den Kopf. „Dir ist aber schon klar, dass das Päckchen nicht ausreichend frankiert ist? Da musst Du nachlösen!“ „Wieso denn das?“ fragte der kleine Kalli. „Das erkenne ich schon am Karton, der ist 0,5 cm zu breit!“ entgegnete die Dame hinter dem Schalter gekonnt. Der kleine Kali schaute sie argwöhnisch an, holte aus und schlug dreimal kräftig mit der flachen Hand auf die Längsseite des Pakets, dass sich unter den verwunderten und erschrockenen Blicken der Angestellten auf das geforderte Packmaß zusammenstauchte. Kalli hakte nochmal höflich nach: „Sind Sie sich sicher? Messen Sie doch bitte nochmal genau nach!“ Die Handtücher erreichten in gewohnter Paketoptik den Gast und der kleine Kalli erreichte durch beherzte Schläge etwas mehr Kulanz im Postverkehr.

(61) Der kleine Kalli – auf dem Weg

In einer Zeit des Klimawandels heißt es auch für den kleinen Kalli neue Wege zu gehen. Und statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, liegt es an jedem einzelnen, also auch an Kalli, den Wandel herbeizuführen. So beschließt der kleine Kalli, bei sich selbst anzufangen. Ganz im Sinne von: „Sei du selbst der Wandel, den du dir wünscht“. Der erste Schritt ist bekanntlich der Schwierigste. Also prüft der kleine Kalli, wo er sinnvollerweise ansetzen kann, um den blauen Planeten zu retten. Schnell kommt er, Kalli, darauf, dass die größte Ersparnis in Sachen Energie auf seinem Arbeitsweg liegt. Muss man die 40 km wirklich mit der alten Spritschleuder zurücklegen? Immerhin kommen in der Woche satte 400 km Wegstrecke zusammen. In den darauf folgenden Wochen testet er mögliche Alternativen zum Auto. Mit Bus und Bahn kann er die 40 Auto-Minuten immerhin durch 3 Stunden Reisezeit ersetzen. Da in seinem Wohnort nur zweimal am Tag ein Bus hält, muss er zudem 2 Stunden früher aufstehen und beim Umsteigen noch mal eineinhalb Stunden warten. Da kommt ganz schön was zusammen, denkt sich Kalli. Da in der Ferienzeit außerdem keine Busse fahren, beschließt Kalli den Arbeitsweg per pedes zurückzulegen. Immerhin bleibt er so fit und kann bei den Zwischenübernachtungen endlich seine Tchibo-Campingausrüstung zum Einsatz bringen. Das Kilometergeld bekommt jedenfalls zukünftig der Schuster und nicht mehr die Kfz-Werkstatt. Alles in allem ein Gewinn für die Gesundheit, Tchibo, den Schuster und das Klima.

(60) Der kleine Kalli – im digitalen Lockdown

Die Corona-Pandemie hat die große Welt fest im Griff und trifft die Kleinsten, so auch den kleinen Kalli, ganz besonders hart. Nicht etwa, dass der kleine Kalli die Aktivitäten an der frischen Luft oder gar Partys vermissen würde. Nein, es ist vielmehr der Umstand, dass seine beiden berufstätigen Eltern nunmehr den ganzen Tag im homeoffice sitzen und an der Bandbreite knappern. Kein Kind kann so gescheit Fortnite zocken. Dabei ist Kalli als Landkind ohnehin schon mit einem DSL-light Anschluss gestraft. Der Lockdown fördert nun das ganze Ausmaß der digitalen Katastrophe zu Tage. Wenn seine Eltern Videokonferenzen haben, wird dem kleinen Kalli eiskalt der Stecker gezogen. Lockdown ohne Internet, das ist wohl der Super-GAU. Dabei ist es eigentlich Kalli, der als Systemadministrator zuhause die Router-Zügel in der Hand hält und seinen Eltern die VPN-Verbindung gängig macht, bevor er sich in Minecraft zurückzieht. In der Tat, stellt Kalli fest, hier werden einer ganzen Generation die Entwicklungsmöglichkeiten geraubt. Wie sonst soll er seinen Hexenmeister in World of Warcraft jemals über Level 30 bringen, wenn er ständig auf dem digitalen Abstellgleis auf die nächste Internetverbindung warten muss? Aus purer Langeweile hat Kalli den Dachboden aufgeräumt und eine alte CD in einem Pappschuber mit der Aufschrift „500 Stunden Gratis-Internet – AOL) gefunden. Was müssen das für tolle Zeiten gewesen sein, als sich noch nicht alle im world wide web rumgetrieben haben…

(59) Der kleine Kalli – und das warme Blut der letzten Sau

In jungen Jahren macht man sich keine Gedanken über das Sterben. Und so unbesorgt kletterte auch der kleine Kalli auf Bäume, schwingte sich von Ast zu Ast und fürchtete weder Tod noch Teufel. Und wie der kleine Kalli so unbeschwert durch die Äste tobte, da fuhr wie selbstverständlich ein Traktor an ihm vorbei, ein ausgeblutetes Schwein baumelte am Frontlader. Keiner störte sich an dem Anblick, das Schlachten gehörte zum alltäglichen Dorfbild. Die Kinder machten sich einen Spaß daraus, die Blutspur als Schnitzeljagd zum Schlachthaus zu nutzen. Kalli kann sich noch gut an die letzten Zuckungen erinnern, die die Schweine noch lange nach dem Kontakt mit dem Bolzenschussapparat lebendig wirken ließen. Heute kennt Kalli die tierischen Produkte nur noch abgepackt aus der Kühltheke. Mit fein säuberlichen Plastikverpackungen wird der Tod aus dem Lebensalltag ausgeklammert. Die Schlachthäuser in den Ortschaften sind längst verschwunden und Bilder von Schlachtvieh werden in den sozialen Medien verpixelt. Kalli hat mit der Zeit, genau wie seine Mitmenschen, nicht nur den Bezug zu tierischen Lebensmittel, sondern zum Sterben generell, verloren. Und während Kalli gedankenversunken vor dem Hackfleischangebot für 1,49 € / Kilo steht, fängt sein Augenlid plötzlich an unkontrolliert zu zucken, und Kalli muss unweigerlich an das warme Blut denken, dass er als Kind bei seiner letzten Schlachtung so liebevoll umgerührt hatte, um es am Gerinnen zu hindern.

(58) Der kleine Kalli – Eieiei!

Der kleine Kalli freut sich wie ein kleines Kind auf das nahende Osterfest. Das liegt zum einen daran, dass er klein ist, zum anderen daran, dass er eben noch ein Kind ist – zumindest im Geiste. Wie alle Männer wird auch der kleine Kalli nie erwachsen. Und so begibt er sich, nach alter Väter Sitte, zu Ostern auf Eiersuche. Schon sein Großvater hatte bis zum Schluss, also bis zu seinem Tod, die bunten Hennenlegeerzeugnisse gesucht. Und die Großmutter sagte noch an seinem offenen Grab: „Das Ei haste Dir aber selbst gelegt!“ Zugegeben die Eiersuche wurde mit zunehmendem Alter nicht einfacher, aber durchaus spannender. Das mag an der fortschreitenden Demenz gelegen haben, aber auch an der Schusseligkeit. Während die Demenz dafür sorgte, dass 3 Eier für stundenlanges Suchvergnügen vollkommen ausreichten, da die gefundenen Eier immer wieder erneut versteckt werden konnten, verhinderte die Schusseligkeit, dass dieser Effekt ein kostengünstiges Ostervergnügen bescherte. So trat der Großpapa immer häufiger auf Eier drauf oder versteckte die Eier selbst noch besser als die Oma. Nicht selten fand Kalli zu Weihnachten ein Osterei an Stelle des Jesukindes in der Krippe liegen. Doch die Freude an der Suche und das Strahlen in den Augen hatte der Großvater nie verloren. Und wie die Eierfarbe so hat dieses kleine Alltagsglück wohl auf den kleinen Kalli abgefärbt.

(57) Der kleine Kalli – au Backe!

Die Frau lief gebückt, schien kaum geradeaus gehen zu können. Ihre rechte Hand drückte einen Kühlakku gegen ihre rechte Wange, als sie schwankenden Schrittes den Bahnsteig entlang auf den kleinen Kalli zukam. Kalli fühlte aus Empathie den Schmerz in seinen Weisheitszähnen, obwohl er diese bereits vor Jahren erfolgreich aus seinem Esszimmer verbannt hatte. Seine Gedanken schweiften ab und der kleine Kalli fand sich auf dem Behandlungsstuhl seines Zahnarztes wieder. Neben ihm lagen seine Weisheitszähne, bzw. das, was davon übrig war. „Jetzt heißt es drei Tage lang viel Weizenbier zu trinken“, mahnte sein Zahnarzt, „das kühlt, desinfiziert und nährt!“ Als sich der kleine Kalli der Frau näherte, erkannte er, dass es sich bei dem vermeintlichen Kühlakku um ein Smartphone handelte. Anders ließ es sich auch nicht erklären, dass die Dame den Barren ohne mit der Wimper zu zucken in ihrer Handtasche verstaute. Die Gedanken von Kalli entglitten erneut. Es klopft an die Scheibe „Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte… Sie wissen ja, warum wir Sie angehalten haben?“, fragte der Polizist mit strengem Blick. „Wegen der Weisheitszähne“, zischte Kalli. Der Polizist schaute fragend. Und Kalli griff erneut zum Kühlakku und presste ihn sich an die Wange. Lachend winkte ihn der Wachtmeister weiter und wünschte gute Fahrt und Besserung. Kalli grinste – im Rahmen seiner Möglichkeiten – und freute sich, dass er vor Fahrtantritt das Weizenbier noch in den Kaffeebecher umgefüllt hatte.

Der kleine Kalli – Weltpremiere

Die Weltpremiere des kleinen Kallis beim OpenMic im Würzburger Standard war ein voller Erfolg. Vor dem besten Publikum, dass sich an diesem Abend in Würzburg auftreiben lies, konnte der kleine Kalli sich beweisen. Zum Glück gibt es einen Livemitschnitt und damit die Möglichkeit, das historische Ereignis noch einmal anzuschauen:

https://www.youtube.com/watch?v=_zysVJ3i-2Q&t=3s

Hier klicken, um das Video auf YouTube abzuspielen.

(56) Der kleine Kalli – ein Sparfuchs

Der harte Winter, die Weihnachtsfeiertage und dann auch noch die vielen Leckereien zur Fastnachtszeit haben Kalli den Rest gegeben. Der Zeiger an der Waage macht eindeutig eine Umdrehung zu viel. Und nachdem Kallis Vorsätze für das neue Jahr exakt 3 Tage angehalten haben, ist die Fastenzeit die nächstbeste Gelegenheit, um erneut an guten Vorsätzen zu scheitern. Doch diesmal hat der kleine Kalli ein gutes Gefühl und fährt beschwingt und voller Elan mit dem Auto zum nächsten Fitnessstudio. 289 € soll die Mitgliedschaft kosten, inklusive aller Extras (Wasserflatrate, die sowohl Duschwasser als auch Trinkwasser umfasst; Mitgliedsausweis und kostenlosen Parkplätzen direkt vor dem Studio). Ganz schön teuer, denkt sich der kleine Kalli und rechnet im Kopf seinen Bürojob gegen eine Arbeitsstelle auf dem Bau gegen. Beim Betreten des Fitnesstempels fällt Kalli neben den vielen motivierten Menschen ein Aushang auf: „Fitnesstrainer (m/w/d) gesucht. Du hast Lust auf Sport, bist motiviert und liebst das Trainieren mit anderen Menschen? Dann bis Du bei uns genau richtig!“ „Klasse“, denkt sich Kalli, „genau das habe ich gesucht“. Und so unterschreibt der kleine Kalli schließlich einen Arbeitsvertrag als Fitnesstrainer. Nun ist Kalli verpflichtet, einmal pro Woche ins Studio zu gehen – und Ausreden zählen nicht, gleichzeitig bekommt Kalli 450 Euro pro Monat für sein Workout. Außerdem kann sich Kalli von dem gesparten und dem zusätzlichen Geld noch ein paar kulinarische Leckereien leisten.

(55) Der kleine Kalli – hat Glück im Spiel

Glücksspiel ist – ähnlich wie Rache – ein Luxus, den sich der kleine Kalli nicht leisten kann. Seit er in der Schule bei seinem Mathelehrer Herrn Braun einmal aufmerksam beim Thema Stochastik aufgepasst hat, weiß der kleine Kalli, dass Lotto eine Steuer für Menschen ist, die nicht rechnen können. Dabei könnte der kleine Kalli mit einem Lottogewinn einiges anstellen: eine Weltreise machen, eine Villa kaufen oder ein großes Auto fahren. Der kleine Kalli gerät ins Schwärmen und träumt schon von der Südsee als ihn im Internet unerwartet ein Gratis-Lotto-Feld angeboten wird. Damit hatte weder er noch Herr Braun gerechnet. Das Risiko war plötzlich überschaubar und so tippte der kleine Kalli munter drauf los. Mit der Zahlenkombination 1, 3, 5, 7, 9, 12 und der Superzahl 4 konnte er eigentlich nicht falsch liegen. Den Tag der Ziehung hätte der kleine Kalli beinahe verpasst. Die Freude stieg mit jeder gezogenen Zahl ins Unermessliche. Die Lottofee zog nach und nach exakt seine Zahlen. 6 Richtige plus Superzahl! Die Gewinnsumme von 3,6 Mio. Euro war tatsächlich Kalli. Doch Kalli erzählte niemandem von seinem Tipp-Glück. So warf er den Tippschein in den Müll und freute sich über seine Gesundheit und die tollen Menschen, die er seine Freunde nannte, auch ohne Millionen auf dem Konto. Und wie er den Tippschein so wegwarf, dachte er an Herrn Braun, seinen alten Mathelehrer, und war froh, dass er seine Ausbildungsarbeit nicht zerstört hatte – und so zählte Kalli weiterhin zu den Menschen, die rechnen können.

(54) Der kleine Kalli – mit fremden Federn

Der kleine Kalli ist schon ein komischer Vogel. Schon zu Schulzeiten fiel er negativ bei seinen Klassenkameraden auf. Es war aber auch besonders dreist von ihm, die Schulaufgaben erst beim Nachbarn abzuschreiben, um sich anschließend zu melden, diese vorzutragen und eine gute Note zu kassieren. Doch mit der Zeit entwickelt der kleine Kalli noch mehr Ideen, wie er die Sachen der anderen vermarkten kann. So geht er seit kurzem nur noch mit Hut in die Stadt. Trifft er auf einen Straßenmusiker mit Publikum, so wartet er das Ende der Darbietung ab, zieht seinen Hut und geht dankend nickend durch die Reihen der Zuschauer. Bei den Straßenkünstlern ist Kalli nicht sonderlich beliebt, dafür bei den Toilettenfrauen der Stadt, diesen kippt der kleine Kalli die Tageseinnahmen auf ihren Teller und dankt dabei für die wertvolle, wenn auch beschissene Arbeit, die sie für die Gesellschaft leisten. Gleichzeitig ermöglicht er vielen Passanten die kostenlose Verrichtung der Notdurft auf den ungeputzten Toiletten. Manchmal geht der kleine Kalli selbst auf eine solche öffentliche Toilette mit „Türstehern“, dann pupst er vergnügt, dreht sich zum Nebenmann um und sagt: „Machen Sie sich nichts draus, ist mir auch schonmal passiert.“ Dann stolziert er ohne zu zahlen an der freundlich winkenden Putzfrau vorbei und erfreut sich an den verwunderten Blicken der zahlenden Gäste.

(53) Der kleine Kalli – elektrisch gegrillt

Der kleine Kalli liebt Grillen über alles. Wenn die Steaks im Sommer auf dem Grill und er in der Sonne bruzzeln, dann fühlt er sich so richtig gut. Der Duft von frisch gegrilltem Fleisch lockt Kalli erst an die Fleischtheke und dann in den Park. Doch die Grillplätze sind gerade im Sommer heiß begehrt. Die Grillplätze in Kallis Stadt sind dabei so rar, dass ein Großteil der Grillfreunde weder Tisch noch Bank ergattern kann, sondern auf dem Boden essen muss. Dort wird einem nicht nur die Wurst von Nachbars Lumpi streitig gemacht, auch Bälle und Frisbees der herumtobenden Kinder landen auf der Picknickdecke. Das Platzproblem und die andauernden Berichte über die hohe Feinstaubbelastung in deutschen Innenstädten veranlassten den kleinen Kalli dazu umzudenken. So konnte es nicht weitergehen. Geliebte Grillkohle hin oder her, eine Lösung musste gefunden werden. Letztlich war es die in Sachen Abgasen und Feinstaub nicht ganz unschuldige Automobilindustrie, die die Lösung bereit hielt. Kalli kaufte sich einen Elektrogrill, sammelte ein paar alte Campingklappstühle vom Sperrmüll auf und trommelte seine Freunde zusammen. Sein Ziel: die niegelnagelneue Elektrotankstelle in der Adenauerallee. Für schmalen Taler kann man hier sein Elektrovehikel mit Strom versorgen – und eben auch seinen Elektrogrill. Der Parkplatz, der für stinkende Verbrenner und wohl auch Holzkohlegrills tabu ist, bietet zudem genügend Platz für Kalli und seine Freunde. Mit dem Ökostrom aus der Zapfsäule schmecken die Biowürstchen gleich nochmal so gut. Und an der Schnellladesäule sind selbst die dicksten Rumpsteaks in null Komma nichts servierfertig. Für Teslakunden der ersten Stunde ist der Grillspaß sogar kostenlos, alle anderen können sich dennoch über günstige Tarife freuen. Beim Essen fachsimpelt Kalli dann über den „Würstchenblinker“ aus dem Werner-Film. Nur all zu lange sollte die Elektrogrillparty nicht gehen, sonst gibt es wohlmöglich ein Knöllchen von der Politesse. Der kleine Kalli ist jedenfalls elektrifiziert von der Idee und wünscht allen Nachahmern bon appetit!

(52) Der kleine Kalli – lässt von sich hören

Die Stille macht dem kleinen Kalli Angst. Nicht solche Angst, die man empfindet, wenn man ohne Fallschirm aus einem Flugzeug springt. Es ist eher die Art von Angst, die man selbst entwickelt, so z. B. die Angst vor Türgriffkeimen oder Dauerschluckauf (zum googeln: chronischer Singultus). Wenn er nicht von dem Gezwitscher der Singvögel geweckt wird, stellt der kleine Kalli gleich nach dem Aufstehen das Radio an, um die unsägliche Ruhe der Nacht zu beenden. Zwar ist damit der Frieden der Ungestörtheit vorbei, allerdings ist Kalli unweigerlich den Qualen der -neudeutsch- sogenannten „Morning-Shows“ hilflos ausgesetzt. Dort wird die gute Laune gepaart mit vermeintlich lustigen Telefonstreichen, witzigen Moderationen und tollen Gewinnspielen nur so durch die Lande gesendet. „Kein Wunder“, denkt sich Kalli, „dass viele Mitmenschen morgens so aggressiv sind, wenn sie diesem Frohsinn ohne Schutz ausgesetzt sind.“ Überhaupt halten Radioprogramme – und dabei sind sich alle Sender einig (Kartell?!) – völlig absurde Eigenarten für den Hörer bereit. Angefangen bei den immer selben Nachrichten zur vollen und halben Stunde, der immer gleichen, wohl zwingend dämlichen Werbung und dem Hoch- und Runterspielen der aktuellen Top-10-Hits. Der geneigte, mathematikaffine Hörer hat selbstverständlich nachgerechnet und erkannt, dass bei durchschnittlicher Songlänge von drei Minuten allein für das Runternudeln der aktuellen Top-10 eine halbe Stunde vergeht. Hinzu kommen acht Minuten Nachrichten, zwei Minuten Stauinfos und zwölf Minuten Werbung. Es bleiben folglich ganze acht Minuten in der Stunde, um den Hörer mit Themen, Gästen, neuen Hits oder aber schlichten Moderationen zu langweilen. Erfahrene Nutzer der Empfangsgeräte wissen aber auch, dass ein Senderwechsel zwecklos ist. Immerhin hat zumindest der Autohersteller Dacia die Gefahr der monotonen sinnlosen Berieselung erkannt und bietet seine Fahrzeuge in der Basisversion ohne Radio an. Der kleine Kalli hat sich mit dem Konzept „Radio“ abgefunden, nur manchmal packt ihn der Ehrgeiz und er ruft an, um sich ein Lied zu wünschen. Kommt er durch, gibt er in der Vorbefragung als Wunschlied die aktuelle Nummer eins der Charts an, damit er auch ganz sicher durchgestellt wird. Einmal on air gibt es dann kein zurück, dann kann er der Hörergemeinde aus der Seele sprechen und endlich auf „Mein Kleiner Grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists bestehen.