(16) Der kleine Kalli – und die Flaschen

(16) Der kleine Kalli – und die Flaschen

Jeden Freitag Nachmittag um 17 Uhr trifft sich der kleine Kalli mit vielen Geschäftsleuten, die ihr Wochenende einleuten, im Supermarkt vor dem Leergutautomaten. Mit gelben IKEA Taschen, Einkaufkörben und CHANEL-Papiertaschen bewaffnet stehen die casual gekleideten Herren, die Supermärkte sonst nur von Erzählungen ihrer Gattinnen kennen, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur vor dem Einwurfschlund. Angeführt wird die Polognaise von einem Rentner, der sich mit Leergutsammeln seine karge Rente aufbessert. Mit Discountertüten und Gelben Säcken steht er mit knapp 50 Flaschen vor dem Automaten und füttert diesen gemächlich und mit zitternden Händen. Kalli fällt auf, dass er noch nicht lange im Flaschensammelgeschäft zu sein scheint, da er Flaschen einwirft, die pfandfrei sind und zudem des öfteren das Leergut mit dem Deckel zuerst einlegt. Fehler, die einem erfahrenen Leergutsammler sicher nicht passieren würden. Die Geschäftsmänner beäugen die langwierige Prozedur mit nervösen und skeptischen Blicken. Sie grummeln vor sich hin, scharren mit den Füßen und tippen genervt auf ihren Smartphones herum. Das Wochenende muss wohl gerade endlos weit entfernt sein für diese Herren als der kleine Kalli sich am Ende der Schlange platziert und dem Treiben zusieht. Es dauert nicht lange, da fallen die ersten Kommentare. „Man solle sich doch beeilen“, „andere hätten auch noch was vor“, „in der Zeit hat ja eine alte Oma eine ganze Inseln bevölkert“ und vieles mehr ist zu hören. Als der Rentner dabei ist, seine letzte Leergutflasche in die Öffnung zu schieben, da packt es den kleinen Kalli: Er geht freudestrahlend an den genervten Herren vorbei und schenkt dem Leergutaufstocker seinen gesamten Pfandflaschenvorrat. Der Rentner strahlt über beide Ohren und Kalli, der nunmehr verstanden hat, wie soziale Marktwirtschaft funktioniert, wünscht allen: „Einen guten Start ins Wochenende!“

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