(22) Der kleine Kalli – in der FBI-Kontrolle

(22) Der kleine Kalli – in der FBI-Kontrolle

Hätte Silvia ihn nicht gefragt, hätte sich die Frage gar nicht gestellt. Als Kind war alles viel einfacher, da hieß es Cowboy oder Indianer. Da war die Welt noch eingeteilt in Gut und Böse. Doch heute ist alles in Graustufen gehalten. Und so schwebt auch über der Wahl des passenden Faschingkostüms ein großes graues Fragezeichen. Silvia hat Karten für die große Prunksitzung besorgt und Kalli steht nun in der Faschingabteilung des örtlichen Modegeschäfts und schaut sich Bauarbeiter-, Polizisten- und Rockerkostüme an. Dabei halten die meisten Nähte der völlig überteuerten Chinawaren nicht einmal den kritischen Blicken stand. Kalli erinnert sich, dass er zuhause noch ein Scheichkostüm liegen hat, dass er einst bei einem Marokkourlaub von Achmed, seines Zeichens Textilienhändler, Großvisionär, Touristenguide und Freund, zu einem, wie ihm Achmed versicherte Freundschaftspreis erstanden hatte. Die Frage der Verkleidung war damit geklärt. Kalli schlüpfte am Abend der Prunksitzung in das arabische Outfit, band sich den Turban um den Kopf und machte sich zusammen mit Silvia in Richtung Frohsinn. Doch das Lachen blieb dem kleinen Kalli bereits im Foyer im Halse stecken. Als er seine Jacke an der Garderobe abgegeben hatte und bedächtig zur Einlasskontrolle schritt, überkam ihn ein mulmiges Gefühl. Er näherte sich der Ticketkontrolle in Turban, arabischer Kleidung und Vollbart im Gesicht. Dies Karten überprüften dieses Jahr treffender Weise als FBI-Beamte verkleidete (?) Männer, die ansonsten wohl im örtlichen Fitnessstudio leben und den neuen Fusion-Head-Body-Rasierer eines namhaften Rasiererherstellers für lieb gewonnen hatten. Mit einem Gequälten „Helau“ quetschte sich der kleine Kalli an den vollausgerüsteten FBI-Männern vorbei und war heilfroh, als er im Sitzungssaal noch weitere Scheichs erblickte. Dann setzte sich der kleine Kalli und bestellte bei der indischen Bedienung ein gepflegtes Weizenbier. Und während der kleine Kalli-Scheich so genüsslich an seinem Bier schlürfte, da dachte er bei sich, dass man sich viel zu selten in die Rolle andere Menschen schlüpft.

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