In jungen Jahren macht man sich keine Gedanken über das Sterben. Und so unbesorgt kletterte auch der kleine Kalli auf Bäume, schwingte sich von Ast zu Ast und fürchtete weder Tod noch Teufel. Und wie der kleine Kalli so unbeschwert durch die Äste tobte, da fuhr wie selbstverständlich ein Traktor an ihm vorbei, ein ausgeblutetes Schwein baumelte am Frontlader. Keiner störte sich an dem Anblick, das Schlachten gehörte zum alltäglichen Dorfbild. Die Kinder machten sich einen Spaß daraus, die Blutspur als Schnitzeljagd zum Schlachthaus zu nutzen. Kalli kann sich noch gut an die letzten Zuckungen erinnern, die die Schweine noch lange nach dem Kontakt mit dem Bolzenschussapparat lebendig wirken ließen. Heute kennt Kalli die tierischen Produkte nur noch abgepackt aus der Kühltheke. Mit fein säuberlichen Plastikverpackungen wird der Tod aus dem Lebensalltag ausgeklammert. Die Schlachthäuser in den Ortschaften sind längst verschwunden und Bilder von Schlachtvieh werden in den sozialen Medien verpixelt. Kalli hat mit der Zeit, genau wie seine Mitmenschen, nicht nur den Bezug zu tierischen Lebensmittel, sondern zum Sterben generell, verloren. Und während Kalli gedankenversunken vor dem Hackfleischangebot für 1,49 € / Kilo steht, fängt sein Augenlid plötzlich an unkontrolliert zu zucken, und Kalli muss unweigerlich an das warme Blut denken, dass er als Kind bei seiner letzten Schlachtung so liebevoll umgerührt hatte, um es am Gerinnen zu hindern.