(13) Der kleine Kalli – im Zuge der Reservierungskultur

(13) Der kleine Kalli – im Zuge der Reservierungskultur

Einen Platz im Zug zu haben, ist auf längeren Reisen zwar schön, wird mit zunehmendem Alter aber unerlässlich. So hat sich auch der kleine Kalli die letzten Male dazu verleiten lassen, in den teilweise etwas volleren ICE (Abkürzung für Inter City Express, wobei mit City hier auch Städte jenseits der Wetterkarte gemeint sind) zu reservieren. Früher war das ein teurer Spaß – heute ist es nur noch teuer. Nach der letzten Preiserhöhung muss der kleine Kalli fast seine ganzen Ersparnisse opfern, um Rentnern und schwangeren Frauen die Sitzplätze wegnehmen zu dürfen. 4,50 € – „komfortabel“ nennt die Bahn das, Kalli sagt gerne auch einfach nur „unverschämt“ dazu. Immerhin kostet sein Ticket für die halbe Stunde ICE-Reise „nur“ 16 €, mit Bahncard 50 versteht sich. Aber die Bahn wäre nicht die Bahn, wenn sie nicht trotz Preiserhöhungen den nötigen Spaßfaktor erhalten würde. So geschah es, dass der kleine Kalli von Frankfurt nach München reisen musste und leider in aller Hektik vergessen hatte, sich eine Reservierung hinzuzubuchen. Nun war beim Einstieg der Kampf um freie bzw. durch Rucksäcke belegte Plätze eröffnet. Dank der Günstigpreispolitik, die mit einer Überbuchung des Zuges zu 400% einhergeht (3 Stehplätze auf 1 Sitzplatz bei gleichem Fahrkartenpreis für alle Beteiligten), war nur noch ein einziger Platz frei. Kalli stürmte los, doch leider schnappte ihm eine Hochschwangere Dame den für Schwangere, Herzleidende und andere Risikomenschen ungünstige, entgegen der Fahrtrichtung liegende Platz vor der Nase weg. Die Frau grinste nur hämisch packte ein Nutellabrot mit Zwiebeln aus. Kalli blieb daneben stehen, zückte sein Smartphone, öffnete genügsam die BahnAPP und reservierte „Sitzplatzgenau“ ab Würzburg den Platz der unhöflichen Dame. Kalli beugte sich zu ihr herunter und sagte reserviert: „Machen Sie es sich nicht zu bequem, ab Würzburg habe ich den Platz reserviert.“

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